
Putins strategischer Vorteil im Wettlauf mit Trump
Schon im Vorfeld des Telefonats zwischen dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin äußerte sich Karoline Leavitt, Pressesprecherin des Weißen Hauses, besorgt über Trumps Einstellung zum Ukraine-Konflikt. Sie deutete an, dass Trump „müde und frustriert“ sei, sowohl von Russland als auch von der Ukraine. Diese Aussagen machen seine Bemerkung verständlich, dass er sich „einfach zurückziehen“ werde, sollte es keine Fortschritte im Verhandlungsprozess geben. Trump betonte, dass es für ihn eine „rote Linie“ gebe, ab der er nicht mehr bereit sei, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Details zu dieser Linie teilte er jedoch nicht mit.
Trump forderte, dass ein umfassendes Friedensabkommen zwischen den Konfliktparteien direkt verhandelt werden müsse. Laut ORF-US-Korrespondent Christophe Kohl könnte sich bei Trump eine „Exit-Strategie“ andeuten, die es ihm ermöglichen würde, ein Scheitern der Verhandlungen den beiden Konfliktparteien zuzuschreiben. Diese Äußerungen führten zu Besorgnis bei dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der betonte, dass ein Verhandlungsprozess sowohl amerikanische als auch europäische Vertreter einbeziehen müsse. Er warnte, dass ein Rückzug der USA aus den Gesprächen möglicherweise auch die militärische und geheimdienstliche Unterstützung für die Ukraine gefährden könnte.
Reaktionen und mögliche Auswirkungen auf den Konflikt
Selenskyjs Besorgnis ist nicht unbegründet, da ein Rückzug der USA aus den Verhandlungen Russland in die Hände spielen könnte. Am Dienstag kritisierte Trump erneut Putin und warf ihm vor, auf Zeit zu spielen, um weiteres ukrainisches Territorium zu besetzen. In der Vergangenheit hatte Trump wechselnde Positionen zu beiden Konfliktparteien eingenommen, was wenig Wirkung zeigte. Nach einem Telefonat mit Selenskyj hatte er dem ukrainischen Präsidenten vorgeworfen, „mit dem Dritten Weltkrieg zu spielen“. Gleichzeitig hatte er Putin mit Sanktionen bedroht, ohne nach dem jüngsten Gespräch konkrete Maßnahmen zu ergreifen.
Trump versuchte, das Telefonat als Erfolg darzustellen, indem er behauptete, Putin wolle Frieden und sei bereit, „sofort“ direkte Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit der Ukraine aufzunehmen. Der Kreml wies diese Behauptung jedoch zurück und stellte klar, dass Russland weiterhin auf seinen Forderungen bestehe. Ein zeitlicher Rahmen für Verhandlungen sei nicht vorgesehen. Trump hob zudem das wirtschaftliche Potenzial eines Friedensabkommens hervor, was Putin als Möglichkeit zur Aufhebung der unter Präsident Joe Biden verhängten Sanktionen nutzen könnte.
Europäische Reaktionen und Befürchtungen
Die Reaktionen auf Trumps Haltung gegenüber Putin sind in Europa durchweg kritisch. Der frühere deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, bezeichnete das Telefonat als „Punktesieg“ für Putin, da dieser wisse, dass Trump bereit sei, für ein Ende des Konflikts viele Zugeständnisse zu machen, auch auf Kosten der ukrainischen Interessen. Auch Manfred Weber, Vorsitzender der EVP, warnte vor einer Fehleinschätzung Putins. Er betonte, dass Russland keinen Frieden anstrebe und dass Trump in einer „absoluten Illusion“ lebe, wenn er glaube, mit Putin einen „Deal“ abschließen zu können.
Die europäischen Verbündeten forderten unterdessen verstärkte Sanktionen gegen Russland. Am Dienstag verabschiedeten die EU-Außenminister das 17. Sanktionspaket, das unter anderem Maßnahmen gegen fast 200 Schiffe der sogenannten „Schattenflotte“ für den Transport von Öl
Quelle: https://orf.at/stories/3394378/

