
Polen steht vor entscheidender Wahlrunde
Die polnische Präsidentschaftswahl hat mit ersten Prognosen ein enges Rennen zwischen den beiden Hauptkandidaten hervorgebracht. Der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski von der liberalen Bürgerplattform (PO) führte mit 30,8 Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von Krzysztof Nawrocki von der nationalkonservativen PiS, der 29,1 Prozent erhielt. Dritter wurde der rechtsextreme Kandidat Slawomir Mentzen von der Konfederacja mit 15,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung beläuft sich laut Prognosen auf 66,8 Prozent, was auf ein reges Interesse der Wählerschaft an dieser richtungsweisenden Wahl hindeutet.
Insgesamt waren rund 29 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, einen Nachfolger für den scheidenden Präsidenten Andrzej Duda zu wählen, der nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten konnte. In den Wochen vor der Wahl hatte Trzaskowski in Umfragen bereits einen leichten Vorsprung vor Nawrocki erreicht. Dieser Wahlausgang könnte erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige politische Ausrichtung Polens haben, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen zur Europäischen Union und der NATO.
Ein Wendepunkt für die polnische Politik
Die Präsidentschaftswahl wird als entscheidend für die politische Zukunft Polens angesehen. Der proeuropäische Regierungschef Donald Tusk benötigt einen Sieg seines Kandidaten Trzaskowski, um dringend benötigte Reformprojekte voranzutreiben, die durch das Veto von Duda, der der rechtskonservativen PiS angehört, blockiert wurden. Trzaskowski äußerte sich am Wahlabend optimistisch: „Ich garantiere eine gute Zusammenarbeit mit der Regierung, denn unser Land braucht Ruhe und keine Konflikte.“ Diese Aussage spiegelt den Wunsch nach Stabilität in der politischen Landschaft Polens wider.
Das Präsidentenamt in Polen hat weitreichende Befugnisse, die über repräsentative Aufgaben hinausgehen. Der Präsident spielt eine zentrale Rolle in der Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef und das Kabinett und ist im Kriegsfall der Oberkommandierende der polnischen Streitkräfte. Daher ist die Wahl eines neuen Präsidenten von großer Bedeutung für die zukünftige politische Ausrichtung des Landes.
Thematische Schwerpunkte im Wahlkampf
Im Vorfeld der Wahl standen insbesondere Außenpolitik und soziale Themen im Mittelpunkt der Diskussionen. Trzaskowski setzte sich dafür ein, die Rechte von Frauen und der LGBTQ-Gemeinschaft zu schützen und kündigte an, das Recht auf Abtreibung zu verteidigen. Eine Wählerin, eine Ärztin, betonte bei ihrer Stimmabgabe: „In diesen Wahlen geht es um die Rechte von Frauen und Minderheiten.“ Dies zeigt, dass viele Wählerinnen und Wähler die Wahl auch als eine Möglichkeit sehen, ihre sozialen Werte zu verteidigen.
Im Gegensatz dazu trat Nawrocki als Verfechter nationalistischer Ansichten auf und machte sich einen Namen als Bewunderer von US-Präsident Donald Trump. Er äußerte sich kritisch gegenüber den etwa einer Million ukrainischen Flüchtlingen in Polen und warf ihnen vor, sich auf Kosten der polnischen Bevölkerung zu bereichern. Diese Rhetorik könnte bei bestimmten Wählergruppen Anklang finden, wirft jedoch Fragen zur gesellschaftlichen Kohäsion und Toleranz in Polen auf.
Quelle: https://orf.at/stories/3394227/

